Wie aus Carina Svenska Intensiv wurde  

Als ich Kind war, wollte ich Friseurin oder Lehrerin werden. Das waren die Berufe, die ich kannte und die mir für eine Frau passend erschienen. Später wollte ich Bibliothekarin werden, aber als mir klar wurde, dass man nicht den ganzen Tag lesen durfte, wollte ich lieber Autorin werden. Als Jugendliche dachte ich, dass meine Berufung entweder Journalistin oder Schauspielerin wäre, aber als ich tatsächlich zum Studieren kam, entschied ich mich für Sozialpädagogik.

Mit meinem socionom-examen fing ich in Göteborg an zu arbeiten und als ich nach Osnabrück zog, fand ich schneller eine Stelle als ich an eine Arbeitserlaubnis kam. In Hamburg arbeitete ich beim Deutschen Kinderschutzbund, und die alten Berufswünsche waren erst mal vergessen.

In meinem Erziehungsurlaub, als ich mich mit dem Spracherwerb meiner Kinder beschäftigte, fiel mir ein, dass ich in Osnabrück eine Gruppe von Bekannten in Schwedisch unterrichtet hatte. Ich war keine besonders gute Lehrerin gewesen, aber ich mochte es, mich mit meiner Muttersprache auseinander zu setzen. Mir kam die Idee, dass Schwedischunterricht auch anders gestaltet werden könnte, als ich es damals in Osnabrück gemacht hatte. Gesagt, getan, ich fing an, im Bekanntenkreis Schwedisch zu unterrichten, um meine Ideen auszuprobieren. 2003 hatte ich ein Konzept und meldete die Firma Svenska Intensiv an. Gleichzeitig fing ich an, in meinem alten Job zu arbeiten. Die Combo war super!

Mein Berufsleben war großartig und die Kinderbetreuung in der Kita war toll, aber als ich die Schule, in der unsere Kinder eingeschult werden sollten, anrief und zwei Kinder für die Nachmittagsbetreuung anmelden wollte, gab es Probleme. Die Grundschule hatte weder Mittagessen noch Betreuung nach 13 Uhr im Programm. Ojdå!

Mein Mann und ich kamen zu der Entscheidung, dass ich den Kinderschutzbund um zwei Jahre unbezahlten Urlaub bitten sollte. In der Zeit könnte ich ein bisschen mehr Schwedisch unterrichten und danach würde uns bestimmt eine andere Lösung für die Kinder eingefallen sein, dachten wir. Der Kinderschutzbund scherte sich aber nicht besonders um den Schutz der Kinder der Angestellten und lehnte meinen Wunsch ab.

Dann habe ich gekündigt – und fand mich als Solounternehmerin wieder. Da ich in einem Unternehmerhaushalt groß geworden bin, wusste ich, was für ein Rattenschwanz an Arbeit daran hängt. Mit der Zeit freundete ich mich mit meinem neuen Berufsleben an und lernte, dass Quittungen aufzubewahren und pünktlich die Umsatzsteuervorauszahlung zu leisten, genauso wichtig ist, wie guten Unterricht zu machen. Dass ich meine Ideen einfach ausprobieren konnte, ohne vorher einen Chef überzeugen zu müssen, tat mir und meiner Kreativität gut. Nach und nach bekam ich Kolleginnen und das Arbeiten wurde weniger einsam und sehr viel spaßiger. Der Vorteil für die Kunden lag natürlich auf der Hand: Verschiedene Lehrerinnen bringen verschiedene Akzente in den Unterricht, so lernten sie noch mehr!

Der Unterricht fand hauptsächlich in Hamburg Wandsbek statt, außer für die Firmen, die uns für Unterricht in ihren Räumen gebucht hatten. Ich radelte in der Woche durch Hamburg, bekam viel frische Luft und saß oft im Café. An den Wochenenden hatten wir Intensivkurse vor Ort. Die meisten Kunden kamen aus Hamburg, aber manchmal reisten Menschen an, um das Wochenende in Hamburg zu verbringen: 9-16 Uhr wurde mit Schwedischunterricht von Svenska Intensiv verbracht – der Rest konnte für touristische Zwecke eingeplant werden. Im Frühling 2020 waren wir zu dritt bei Svenska Intensiv, und konnten für Workshops aller Art gebucht werden. Wir hatten einen vollgebuchten Anfängerkurs in Stade und fingen gerade an, Schwung in den Kochworkshop „Koch dich schwedisch“ zu bekommen.

Was dann kam, wissen wir und was wir dann taten, war schlimm. Wir sagten alles ab. Ich fing an meine Schränke auszusortieren, aber je länger „die Ausnahmesituation“ dauerte, umso unruhiger wurde ich, und irgendwann hatte ich keine Schränke mehr, an denen ich mich austoben konnte. Ich dachte, bald wäre der Spuk vorbei und wir könnten wieder normal unterrichten. Elizabet und Gunilla fingen aber an, Unterricht online anzubieten und irgendwann war auch ich soweit und startete meine ersten „Experimente“ online.

Keiner hat sich so sehr gewundert, wie ich, aber es machte Spaß, und bot uns ganz andere Möglichkeiten! Seitdem finden unsere Kurse ausschließlich online statt und das Arbeitsleben hat sich noch mal verändert. Wir sind ortsunabhängig geworden und können ganz andere Kurse anbieten als vorher, weil keiner sich um Fahrtwege kümmern muss. Eine Stunde Schwedisch morgens vor der Arbeit ist für unsere Kunden kein Problem! Es entstanden neue Ideen, neue Kurse und sogar eine neue Kollegin kam dazu. Dass Lotta in Königswinter zu Hause war, war eher eine Bereicherung als ein Problem.

Wir von Svenska Intensiv sind Corona-Gewinner! Unsere wöchentliche Dienstbesprechung über Zoom hat uns als Team noch nähergebracht. Die Kunden, die wir von nah und fern kennenlernten, haben unsere Kurse bereichert, und nicht mal eine Hochzeitsreise, Urlaub oder Covid konnte ihre Teilnahme stoppen. Wir durften dabei sein, zwischen Umzugskisten in Deutschland und dem neuen Zuhause in Schweden. Wir haben Hunden, Katzen, Kindern und Ehemännern „Guten Tag“ sagen dürfen, und es ist jeden Tag eine große Freude, den Rechner zu starten und zu schauen, wie die Welt unserer Kunden aussieht.

2023, 20 Jahre nach dem Start, liebe ich meinen Job mehr denn je! Ich habe in meinem jetzigen Berufsleben so gut wie alle meine früheren Berufswünsche integrieren können: Lehrerin, Bibliothekarin, Autorin, Journalistin und Schauspielerin. Lehrerin bin ich, wenn ich unseren Kunden Schwedisch beibringe, Bibliothekarin, wenn ich die (Lehr)Bücher sortiere, Autorin, wenn ich Lehrmaterial schreibe, Journalistin, wenn ich Leute interviewe und darüber auf der Webseite schreibe, Schauspielerin, wenn ich Vorträge halte. Und meine Erfahrungen aus der Sozialpädagoginnenzeit setze ich in allen Kundenkontakten täglich ein! Nur die Friseurin bekomme ich nicht unter und das ist auch gut so. Von allen meine Berufswünschen ist es das, wozu ich gänzlich ungeeignet bin.

en socionom, -er                            Diplom-Sozialwirtin / Sozialpädagogin

ojdå!                                                  nanu!