Der Wald, der Elch und das Naturvolk im Norden

Bei Svenska Intensiv kommen schon in der ersten Unterrichtsstunde für Einsteiger die Wörter skog (Wald) und älg (Elch) vor. Das hat damit zu tun, dass wir ein sehr naturverbundenes Völkchen sind, aber es hat auch mit den Erwartungen der deutschen Teilnehmer an unsere Kurse zu tun. Wenn die Deutschen im allgemeinen an Schweden denken, denken sie an die Natur, an das viele Wasser und an die Elche. Sie denken an Astrid Lindgren, möglicherweise an IKEA und manchmal auch an die hübschen beiden Prinzessinnen, die mittlerweile nicht mehr zu haben sind, aber an erster Stelle kommt IMMER die Natur.

Etwa 60% unseres Landes sind von Wald bedeckt und das bleibt nicht ohne Folgen. Wir umarmen viel lieber einen Baum als eine, sagen wir mal, Litfaßsäule. Wir haben im Wald keine Angst, weil es da nichts gibt, was wirklich gefährlich ist. Elche sind die größten Tiere dort, sie sind Pflanzenfresser und interessieren sich nicht für Menschen als Beute. Wölfe und Bären sind Allesfresser, aber leben so gut wie nie im Süden, wo ich herkomme, zumindest habe ich nie welche außerhalb des Tierparks gesehen.

Im Herbst wird der Wald zur Vorratskammer. Man muss einfach raus und ernten, alles biodynamisch und giftfrei gezogen von Mutter Natur. Schon im Sommer gibt es die kleinen, süßen Walderdbeeren, Himbeeren und Blaubeeren. Kurz danach kommen die Preiselbeeren, die bei keiner Mahlzeit fehlen dürfen, und wenn man in Norrland wohnt, die Moltebeeren. In Süden gibt es zur selben Zeit, sozusagen als Kompensation, Brombeeren. Daraus wird Marmelade und Saft gekocht, damit die Vitaminzufuhr auch im langen, dunklen Winter gesichert ist. Die Zuckerzufuhr wäre damit auch abgedeckt.

Nach den Beeren kommen die Pilze: Pfifferlinge, Morcheln und die kleinen schwarzen unansehnlichen „Trattkantareller“, die ich in Deutschland noch nie gesehen habe, die man aber ganz wunderbar trocknen kann und die jede Bratensauce veredeln. Welche Pilze essbar und welche giftig sind, kann man jeden Herbst in Volkshochschulkursen mit Pilzexpeditionen im Wald lernen. Sonst kann man einfach probieren: Wenn man Bauchschmerzen bekommt oder stirbt, waren sie giftig, sonst sind sie in Ordnung.

Im Oktober gibt es was für die Gefriertruhe: Elchfleich. Von den etwa 300 000 – 400 000 Elche werden etwa 100 000 bei der Elchjagd abgemurkst und beenden ihre Tage in den Tiefkühltruhen des Landes. Gottseidank, weil, Elche haben keine natürlichen Feinde und sind eine echte Gefahr im Verkehr. Wenn sie sich unkontrolliert vermehren dürften, würde eine Autofahrt durch einen Wald einem Suizidversuch gleichen. Mit einem Elch zu kollidieren ist so ähnlich, wie in eine Felswand zu brettern. Hart. Das sollte man vermeiden. Genau wie manche Pilzen zu essen, nämlich die giftigen. Dann hat man gute Chancen, das schwedische Durchschnittsalter von 81,18 Jahre zu erreichen.