Ich bin Schwedin. Ich bade gern. Ich muss nicht über 20 Grad im Wasser haben, um im Freien zu schwimmen, aber ich möchte zweistellige Temperaturen und halte nichts davon, erst mal ein Eisloch hacken zu müssen, um ans Wasser zu kommen. Wenn (deutsche) Freunde misstrauisch dabei am Ufer stehen, sagen sie manchmal „Du bist halt Schwedin und an solche Temperaturen gewöhnt!“
Meine Schwester ist Schwedin. Meine Schwester badet nicht gern. Und wenn, dann möchte sie mindestens 20 Grad im Wasser haben, um im Freien zu schwimmen. Sie ist genau so sehr Schwedin wie ich, im gleichen Kaff in Schweden aufgewachsen, und müsste auch daran gewöhnt sein, dass das Wasser nicht mehr als nur leicht aufgewärmt ist.
Für eine glaubwürdige Statistik reicht das also nicht, aber um meine These zu untermauern allemal. Ich glaube nämlich, dass manche Menschen gern baden und zu der Fraktion man-ångrar-aldrig-ett-dopp (man bereut niemals ein kurzes Bad) gehören und andere zur Gattung Badkruka (ein Feigling wenn es ums Baden geht) sind.
Da kann man nichts machen und die Herkunft ist da absolut nicht von Belang. Es geht einzig und allein um die Einstellung.
Als ich nach Hamburg kam, habe ich nicht verstanden, warum die Einheimischen so stolz auf die Alster und den Hafen waren. Wasser das man weder trinken noch drin baden kann, fand mein schwedisches Ich nicht wirklich erwähnenswert. Heute kann ich schon verstehen, dass das viele Wasser in Hamburg der Stadt das Flair gibt und auch viele Besucher anzieht.
Selbst habe ich mittlerweile mein Badeparadies gefunden, nur ein paar Fahrradminuten von meinem Zuhause in Wandsbek entfernt. Seit ich eine Jahreskarte besitze, ist es fast wie in Schweden. Ich muss nicht mehr darauf achten, dass ich genug Kleingeld in der Tasche habe, ich ziehe mir zu Hause meinen Badeanzug an, schmeiße ein Jerseykleid drüber und radele los. Nach dem Schwimmen kommt das nasse Badezeug in den Fahrradkorb und wird im heimischen Garten zum Trocknen hingehängt. Zum nächsten Badegang ist es hoffentlich wieder trocken!
Und übrigens scheint der Storch etwas durcheinander gewesen zu sein, als meine Schwester und ich unsere Töchter bekamen. Meine Tochter ist eine Badkruka sondergleichen, aber meine Nichte kommt im Baden ganz nach mir!