Die Kunst des Kritik-Übens

In der letzten Zeit habe ich über Kritik nachdenken müssen. Eine Bekannte von mir sagte, ich müsse einfach über den Dingen stehen und unbeirrt meinem Weg folgen. Meinungen dazu werde es immer geben. Dem stimmte ich zu, aber damit war es für mich doch nicht erledigt.

Ich fange von vorne an, warum ich mich mit dem Thema beschäftige. Es ist so, dass ich seit 2018 zusammen mit meiner Freundin Emma über Bücher blogge. Wir lesen beide supergerne, und das Buchbloggen ist sozusagen ein Geschenk an uns selbst: unendliche Diskussionen miteinander und dann noch Texte über Bücher schreiben.

Das erste Jahr haben wir uns gefreut, wenn überhaupt jemand unsere Texte las, und wir hatten nicht mal ein Statistikwerkzeug, um zu sehen, wie viele Besucher wir hatten, aber wir hatten viel Spaß, diskutierten viel, und sehr selten hatten wir die gleiche Meinung. Mittlerweile können wir sehen, wie viele Besucher wir haben, wir sind auf Facebook und Instagram vertreten und es kommt sogar vor, dass wir Bücher zugeschickt bekommen, damit wir darüber schreiben.

Bücher zugeschickt bekommen macht Spaß, darüber schreiben auch. Manchmal bin ich begeistert, wie über Monica Kristensens „Amundsens letzte Reise“ zum Beispiel. Das Thema Polarexpedition war nicht unbedingt meins, aber es war sehr spannend! Andere Bücher gefallen mir nicht, und dann schreibe ich das auch. Alles ganz normal, denke ich.

Aber manchmal passiert doch ungewöhnliches: Ich hatte ein Buch erhalten, gelesen, mich streckenweise amüsiert und dann geschrieben. Soweit also ganz normal, aber dann kam etwas, was nicht so oft vorkommt, nämlich Feedback vom Verlag! Eine Formulierung in meinem Text hatte die Verlagdirektorin besonders aufgeregt, und sie bat mich, das neu zu schreiben. Sie hatte sogar etwas vorformuliert, was ich einfach nur in meinen Text hätte einfügen müssen. Und als krönenden Abschluß hinzugefügt dass sie „mehr oder weniger bereue“ mir etwas geschickt zu haben, da ich ja offensichtlich meine Sache nicht gut mache.

OJDÅ! Ist da verletzte Eitelkeit im Spiel, oder habe ich tatsächlich einen schlechten Job gemacht? Ja, darüber sind wir uns nicht einig geworden, die Verlagsdirektorin und ich. Und über weitere Bücher von dem Verlag brauchen wir uns wohl keine Gedanken machen.

Das, was mich hierbei interessiert, ist, wie wir mit Kritik umgehen. Kritik üben ist wirklich nicht einfach. Zu ruppige Kritik macht Menschen klein und verletzt. Zu zarte Kritik, manchmal als „schwedische Kritik“ verspottet, kommt nicht immer beim Empfänger an. Ich versuche, das Gute zu loben, und auf dem weniger Guten nicht so herumzureiten. Zumindest im Unterrichtskontext funktioniert es gut.

Über diesem Text steht den som sig i leken ger, den får leken tåla”. Falls du etwas öffentlich machst, muss du damit rechnen, dass Menschen dazu eine Meinung haben. Und das ist gut so! Sonst wäre es doch zu langweilig im Leben.

/carina

 


Vokalbelhilfe

OJDÅ! – nanu!

den som sig i leken ger, den får leken tåla” – in etwa ”wer austeilt, muss auch einstecken können”